Kalte Nahwärme „Plus“

Veröffentlicht am: 27.06.2024

Stadtwerke schließen Forschungsprojekt zur klimaneutralen Wärme- und Kälteversorgung mit THM ab

Bad Nauheim/Gießen. Die Transformation der Energielandschaft, hin zu einer nachhaltigen, CO2-neutralen und umweltfreundlichen Versorgung, ist eine zentrale Aufgabe für viele Stadtwerke in Deutschland. Die Stadtwerke Bad Nauheim haben unter diesem Leitgedanken bereits in zwei Neubaugebieten die innovative Gewinnung von Energie aus dem Erdreich mittels Kalter Nahwärme (KNW) realisiert, zunächst in Bad Nauheim-Süd, dann in Rödgen.


Zusammen mit der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) und mit Unterstützung des Landes Hessen wurde das Forschungsprojekt „KNW-Plus“ aufgelegt, welches bereits im August 2022 gestartet ist und im Dezember 2023 beendet werden konnte. Mit Abschlussbericht und Abschlussveranstaltung fand das Projekt nun auch ein formales Ende.

 

Was wurde erarbeitet?


In Rödgen übernimmt ein knapp 5.000 m2 umfassender Erdkollektor die Wärme- und Kälteversorgung eines Neubaugebietes mit 38 Einfamilienhäusern. Der Kollektor in 2 m Tiefe entzieht dem Erdreich Wärme. Diese wird über ein ca. 750 m langes Wärmenetz zu den Einfamilienhäusern geleitet und durch Wärmepumpen auf die benötigten Temperaturen erhöht. Auch das passive Kühlen der Häuser in den Sommermonaten ist möglich.


Hier setzt das Forschungsprojekt der THM in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken Bad Nauheim an. Das Projekt mit dem vollständigen Titel „Energie- und kostenoptimierte Kalte Nahwärmenetze (KNW-Plus) - Auslegung, Simulation und Online-Tool für innovative Systemvarianten“ wird mit gut 180.000 Euro durch das Land Hessen gefördert, die WI-Bank ist Projektträger. Neben den Stadtwerken Bad Nauheim und der THM ist auch die IMAXX Projektentwicklungsgesellschaft mbH Projektteilnehmer.


Die eine Seite des Forschungsprojekts ist die Programmierung eines Simulationsmodells, die andere Seite ist, diese Software mit realen Daten zu prüfen. In Rödgen wurden hierfür Messtechnik wie Temperatur- und Bodenfeuchtigkeitssensoren in den Kollektor vergraben. Mit den resultierenden Daten wird das Modell anschließend kalibriert. Dieses Simulationsmodell wird zukünftig die Planung einer emissionsfreien Versorgung von Neubausiedlungen mit Wärme und Kälte erheblich erleichtern und effizienter gestalten. Denn beispielsweise Ingenieurbüros können damit für ein Neubau- oder Bestandsgebiet simulieren, wie ein KNW-Netz aussehen könnte und ob es sich wirtschaftlich lohnt. Zur Simulation gibt der Anwender bestimmte Parameter ein, z.B. Bodeneigenschaften, Wetterdaten, Lage des Gebiets, Baustandards und Wärmebedarfe.


Zudem kann im Modell geprüft werden, wie erdgebundene Wärmequellen mit solaren Wärmequellen sinnvoll gekoppelt werden können, um einen höheren Wirkungsgrad zu erreichen. Dabei umfasst das Programm die Gruppen Wärmequellen, Netz und Verbraucherstruktur. Aktuell gibt es noch nicht viele solcher Softwarelösungen, weshalb das Land das Projekt im Rahmen des Hessischen Energiegesetzes unterstützt hat.

 

Die Messtechnik bleibt bis 2028 in Betrieb. Somit stehen den Stadtwerken auch weiterhin alle Daten zur Verfügung. Zukünftige KNW-Netze lassen sich mit den hier gewonnenen Erkenntnissen besser planen.


Prof. Dr.-Ing. Stefan Lechner, Technische Hochschule Mittelhessen, betont: „Wir freuen uns, die Stadtwerke Bad Nauheim als einen deutschlandweit bekannten Vorreiter der Kalten Nahwärme in diesem Projekt zur zukunftsfähigen und klimagerechten Wärmeversorgung mit unserem motivierten Forschungsteam unterstützen zu können. Aus Sicht der treibhausgasneutralen Energiewende sind Kalte Nahwärmenetze mit dezentralen Wärmepumpen die denkbar beste Option für derartige Neubauquartiere. Als Forschungsergebnisse werden wir die Auslegungsgrundlagen dieses noch recht jungen Konzeptes erweitern und für weitere Projekte zugänglich machen.“


„Wir als Stadtwerke Bad Nauheim und Vorreiter der Kalten Nahwärme unterstützen Forschungsprojekte, damit sich das System KNW weiterverbreitet. Denn diese sichere und klimafreundliche Wärmeversorgung aus der direkten Umgebung verdient jede Chance und sollte, wo immer sinnvoll, geprüft werden“ betont Geschäftsführer Dr. Thorsten Reichel.

Das Foto zeigt v.l.n.r. Hendrik Faust (Projektleiter Stadtwerke Bad Nauheim), Hr. Frink (ehemaliger Bürgermeister der Gemeinde Hohenahr), Hr. Bechthold (ehemaliger
Bürgermeister der Gemeinde Fernwald), Fr. Bambey (IMAXX), Hr. Morsch (IMAXX), Dr. Thorsten Reichel (Geschäftsführer Stadtwerke Bad Nauheim), Prof. Dr.-Ing. Stefan Lechner (Projektverantwortlicher THM), Constantin Völzel (Projektbearbeiter THM).